Montag, 14. November 2022

Wie ich 18 kg abgenommen habe (2022)

Dieses ist kein Blog über eine neue Diät. Ich möchte auch nichts verkaufen.  Es ist mehr ein biografischer Bericht über etwas, das ich eigentlich für nicht möglich hielt. Abnehmen war für mich nur mit großen Einschränkungen vorstellbar: Permanentes Hungergefühl, übergroße Disziplin und nicht nachhaltig. Meine große Überraschung: Es ist einfach. Wenn ich das gewusst hätte…




Wie ich „plötzlich“ auf der Waage die 100 kg entdeckte

Mein Gewicht im Dezember 2021: 100 kg.

Bevor ich über das Abnehmen spreche, muss ich erstmal über das Zunehmen sprechen. Zu meinen Rahmendaten: Ich bin 182 cm groß und 67 Jahre alt. Meine historischen Werte: als Jugendlicher mit 18 Jahren ca. 60 kg, dann bis Mitte 20 65 kg.

Die Indien-Diät

Dann kamen meine Indienreisen. Da war das Essen für mich nicht passend und ich kam jeweils mit 52 kg wieder zurück. Bei einer Untersuchung beim tropenmedizinischen Institut winkte mich der Arzt aus dem Wartebereich heraus, da er dachte, dass ich eine schlimme Krankheit hätte. Aber die Untersuchung brachte keine Ergebnisse, ich hatte nur zu wenig gegessen.

Die verlorenen Kilos bekam ich schnell wieder drauf und ich dachte: Falls ich je zu viel wiegen würde, fahre ich nach Indien. Dann ist es für mich ganz einfach abzunehmen. Inzwischen reizen mich Fernreisen nicht mehr so, so dass die Indien-Diät für mich nicht mehr wirklich attraktiv ist. Aber weiter im Lauf der Zeit: Eigentlich habe ich immer zugenommen. Pro Jahr ca. 1-2 kg. Das ist ja nicht viel in einem Jahr, aber mit der Zeit läppern sich da einige Pfunde zusammen.

Ausdauersport

Meine Ausdauersportphase in meinen 40igern: Angefangen mit 10 min Joggen und Gehpausen über den olympischen Triathlon (Meine Brüder erinnern sich noch daran) steigerte ich die Ausdauer bis zum Ironman in Klagenfurt (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und dann noch ein Marathon). Ich bin dann bei 78 kg gelandet. Ein gutes Gewicht laut BMI und für mich alles im grünen Bereich.

Body Mass Index (BMI)

Die folgenden Jahre ging es wieder mit den schon bekannten 1-2 kg aufwärts. Nach dem BMI kommt man mit 83 kg in den Bereich des Übergewichts. Aber glücklicherweise gibt es da differenziertere Messmethoden, die Alter und Geschlecht mit einbeziehen und so blieb ich sehr lange noch im „Idealgewicht“, obwohl ich die Anzeichen, insbesondere den Bauchumfang, natürlich sehen konnte.

Vermeidungsstrategien und Rückmeldungen

Neben dem etwas freundlicheren BMI wurden die T-Shirts und Pullover etwas größer, bei Gruppenfotos wurde der Bauch eingezogen, unvorteilhafte Fotos wieder gelöscht. Außerdem kann man natürlich zu seinem Körper, so wie er ist, stehen. Abnehmen war für mich keine Alternative.

Es mehrten sich die Rückmeldungen:

  • T.: „Wenn die Organe nach unten rutschen…“
  • H.: „Mensch Michael, Du hast ja einen richtigen Bauch bekommen.“
  • G.: „Gut, dass es mal jemand sagt.“
  •  E.: „Du hast ja eine richtige Plauze“

Diese Rückmeldungen ließen mich über Body Shaming, Body Positivity, Body Neutrality oder Body Liberation nachdenken, aber das ist heute nicht das Thema.

Körperliche Beschwerden

Das höhere Gewicht hatte auch körperliche Auswirkungen. Treppensteigen, Beweglichkeit, Schuhe zubinden, unrunder Gang: Alles gleichzeitig auch Alterserscheinungen. Wie Joschka Fischer (noch vor seinem langen Lauf zu sich selbst) in bierseliger Runde mal sagte: „Man wird älter, man wird schwerer.“ Es scheint wie ein Naturgesetz zu sein.

Noch etwas, das ich gar nicht mit dem Gewicht in Verbindung gebracht hatte: Sodbrennen bzw. Reflux und ein dazu passender Husten. Das kam ganz langsam und vor allem nachts. Die Reaktionen: Später zu Abendessen, bestimmte Speisen vermeiden, Medikamente gegen Reflux und dann noch ein Keilkissen für die Nacht. Für mich einfach als Alterserscheinung akzeptiert.

Strategien

Welche Strategien hatte ich, mit der ziemlich kontinuierlichen Gewichtszunahme und den gesundheitlichen Einschränkungen umzugehen?

  • Ignorieren
  • Gelegentlicher, aber nicht regelmäßige Sport
  • Fitness Center
  • Akzeptieren

Die Möglichkeit Ernährungsgewohnheiten zu ändern, spielte auch nur sporadisch eine Rolle. Mittagessen in der Betriebskantine, später dann zu Hause im Homeoffice blieben feste Bestandteile meines Tagesplans.

Die Wende

Die Kraft der runden Zahl: 100 kg. Wenn die Waage morgens dreistellig ist. Auch der „gnädigere“ BMI sagt dann einfach adipös.
Seit einem halben Jahr war ich ‚In Rente‘, war noch immer in einer ambivalenten Übergangszeit und beschloss meine Ernährungsgewohnheiten zu ändern. Noch nicht mit dem Ziel viel abzunehmen. Aber ich wollte gesünder leben und die weitere Gewichtszunahme stoppen.

Der Obstsalat

Anstatt eines Mittagessens bereitete ich mir mittags immer einen Obstsalat: Saisonale Früchte, verfeinert mit ein bisschen Skyr. Das ist bis heute meine Mittagsmahlzeit und eine Basis des Abnehmens. 

 

Weniger essen

Ich beschloss, bei den Mahlzeiten weniger zu essen. Nicht so, dass ich hungrig blieb, aber nicht mehr bis zur vollständigen Sättigung, insbesondere wenn es gut schmeckte. Außerdem reduzierte ich das „Abendsüß“ auf eine kleine Menge. Den Genuss wollte ich mir nicht nehmen, aber dann doch reduziert. Dazu gehört ein bisschen Disziplin, aber auch nicht zu viel. Der Vorsatz und die Regel sind da hilfreich.

Nordic Walking

Ein zweites Element war mehr Bewegung. Auch hier stand nicht das Abnehmen im Vordergrund, sondern die allgemeine Fitness. Regelmäßig durch die Reben und um den Schönberg herum zu walken, stärkt Körper und Geist. Wichtig ist die Regelmäßigkeit, und der schöne Effekt, dass die Fortschritte am Anfang immer besonders groß sind. Ich fühlte mich schnell fitter, sowohl körperlich als auch mental.

Zwischenergebnis 1

Die ersten beiden Monate (Januar/ Februar) habe ich jeweils 2 kg abgenommen. Da ich keine Ziele definiert hatte, war ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Sogar ein bisschen verwundert. Ohne große Einschränkungen, sogar mit einer Verbesserung der Lebensqualität (schmackhaftes, gesundes Mittagessen und größerer Fitness durch Bewegung), hatte ich abgenommen. Es war ein sanftes Durchbrechen des ehernen Gesetzes: „Man wird älter, man wird schwerer.“

Dieser Anfangserfolg war sehr motivierend und eröffnete eine neue Perspektive: Mittelfristige Gewichtsreduktion ohne Diät. Nur mit wenigen Stellschrauben ohne wesentliche Einschränkungen zu einem „Normalgewicht“ zu kommen, erschien plötzlich möglich.

Mein Freund D. berichtete von seinen Erfahrungen: Bei einer Wandertour verzichtete er regelmäßig auf das Mittagessen und hatte einen guten Einstiegserfolg beim Abnehmen. Als er das aber dann im Alltag fortführen wollte, nahm er nicht mehr ab und hatte dann keine Lust mehr das fortzusetzen.  Aber es erschien ihm so, dass Bemühungen vergeblich sind und durch physiologische Prozesse das Abnehmen gestoppt wird. Wahrscheinlich wird dann Motivation und Konsequenz gestoppt.

Kleiner Exkurs: Wann nimmt man ab?

Es gilt eigentlich eine einfache, klare Regel: Wenn ich weniger Kalorien zu mir nehme als ich verbrauche, nehme ich ab. Das ist so etwas wie ein Naturgesetz. Es mag sein, dass die Regel individuell ein bisschen modifiziert zu betrachten ist. Stoffwechselprozesse spielen in kleinerem Maße auch eine Rolle, aber der Grundsatz gilt. Man hat also im Wesentlichen zwei Stellschrauben:

  • Weniger Kalorien zu sich nehmen
  • Mehr Kalorien verbrauchen

Bestimmte Diäten wie Intervallfasten o.ä. unterstützen dabei eventuell, aber die Regel gilt: Wenn ich etwa 7000 Kalorien mehr verbrauche als ich zu mir nehme, nehme ich ca. ein Kilogramm ab.

Auf der Waage merkt man das nicht immer sofort, da z.B. durch Wassereinlagerungen durch hormonelle Schwankungen oder lange Reisen im Sitzen, die Waage nicht immer „gnädig“ ist. So kann es sein, dass man nach einer Woche, trotz wenig Essen und viel Bewegung, nicht abgenommen hat. Das kann frustrieren, aber vielleicht springt dann die nächste Woche gleich um 2 kg nach unten.

Die Beschleunigung  

Eigentlich bin ich kein Freund einer technischen Kontrolle. In meinen Triathlonzeiten habe ich Trainingszeiten, Herzfrequenzen und Geschwindigkeiten getrackt. Das war wichtig für den Trainingserfolg und letztendlich auch dafür, einen Ironman finishen zu können. Seit dieser Zeit, ohne klare Ziele fand ich eine Laufuhr eher überflüssig.

Der Fitnesstracker

Da ich in gewisser Weise technikaffin bin und mir manchmal ein Technikgadget gönne, bin ich in der Zeit um die neuen Fitnesstracker „rumgeschlichen“. Diese haben sich ja im Vergleich zu den Laufuhren vor 20 Jahren enorm weiterentwickelt und bieten für die beiden zentralen Themen des Abnehmens „Weniger Kalorien zu sich nehmen“ und „Mehr Kalorien verbrauchen“ viele teils automatische Funktionen. Und auf die Empfehlung meiner Frau hin („Mach das doch!“), habe ich mir dann einen dieser Fitnesstracker geleistet.

Kalorienverbrauch

Der Tracker erfasst sowohl den normalen Kalorienverbrauch, ohne dass ich mich bewege, als auch den Verbrauch beim Sport oder auch anderen Aktivitäten wie zum Beispiel Spazieren gehen. So habe ich an jedem Tag mein Ergebnis. Ich bin mir darüber bewusst, dass das nicht exakte Werte, sondern errechnete Werte sind. Aber die Tracker können schon einen recht genauen Anhaltspunkt angeben.

Die Ergebnisse sind sehr motivierend, insbesondere wenn man dann mal einen längeren Zeitraum betrachtet. Auch die Motivation eine Extrarunde zu drehen wächst. Außerdem hat man die erste Variable des Abnehmens dokumentiert.


Kalorienaufnahme

Ein bisschen aufwendiger, nicht so automatisiert, ist die Protokollierung des Essens. Da zu dem Tracker auch eine App dazugehört kann man regelmäßige Gerichte hinterlegen. Der Zugriff auf eine Datenbank ermöglicht es auch die Kalorien zu abzurufen bzw. zu speichern. So habe ich die Übersicht, wieviel Kalorien ich schon gegessen und getrunken habe.

Die Vorteile

Über die Eingabe eines Zielbudgets und über den Vergleich mit dem aktuellen Verbrauch hat man immer den Überblick, wo man steht. Auch für die „kleinen“ Speisen für den Hunger zwischendurch hatte ich plötzlich ein besseres Gefühl. Ein Toast mit Butter und einer Scheibe Gouda hatte plötzlich einen Wert und durch die Halbierung der Butter und der Scheibe Käse ein Einsparpotential.

Außerdem kann man durch die Dokumentation des aktuellen Gewichts und den Vergleich mit einer Zielsetzung die Fortschritte sehen. Das motiviert mich auch beim Weitermachen.

Zwischenergebnis 2

Der Abnehmprozess hat sich dadurch beschleunigt. Mal 3 kg, mal 4 kg pro Monat. Inzwischen fiel es auch im Umfeld auf (Sag mal, hast Du abgenommen?), die Hosen und T-Shirts waren zu groß, am Gürtel musste ich ein neues Loch stanzen. Neue passende Kleidung zu kaufen ist dann immer noch kritisch. Zum einen glaubt man noch nicht zu 100% an den Erfolg. Immer wieder liest man vom JoJo Effekt. Oder das Ende ist auch noch nicht absehbar.

Immer noch war ich überrascht, dass es eigentlich so „einfach“ ist, ohne Diät und ohne wesentliche Einschränkungen das Gewicht zu reduzieren. Ich musste mir Gedanken machen, wie weit will ich diesen Weg noch gehen und wie kann ich das Gewicht dann halten?

Wohlfühlgewicht


Es gibt da keinen Wert, der offensichtlich ist. Ich hatte bei der regelmäßigen Gewichtskontrolle dann mein „Freu“-Ergebnis, als der BMI bei 25 (Idealgewicht) landete. Noch ein Kilo „Reserve“ und ich war tatsächlich Ende Juli nach sieben Monaten bei 18 kg. Hätten man mir das vor einem Jahr gesagt, hätte ich es nicht für möglich gehalten.

Das nächste Ziel ist es, das Wohlfühlgewicht zu halten. Dazu nutze ich die App und den Fitness Tracker nur noch sehr eingeschränkt, hauptsächlich zum Notieren des aktuellen Gewichts. Beim Essen und Trinken halte ich mich zurück, beim Abendsüß bleibt es bei den kleinen Mengen und mein Mittagessen ist weiter mein Obstsalat. Aber ich gönne mir am Nachmittag auch ein paar Spekulatius und am Sonntag ein zweites Frühstücksbrötchen.

Ergebnis

Was hat das jetzt gebracht? Ich zähle mal einfach auf:

  • Ich komme leichter die Treppen hoch
  • Mein Sodbrennen (und der Husten) ist weg, das Keilkissen oben auf dem Schrank
  • Beim Walking bin ich fitter
  • Mein Ruhepuls ist von 72 auf 66 Schläge/min gesunken
  • Der Kardio-Fitness Wert in meiner App ist von 38-42 auf 44-48 gestiegen (hervorragend für Männer in meinem Alter.)
  • Ich kann mir die Schuhe leichter zubinden
  • Der Bauchumfang ist um 12 cm zurückgegangen
  • Meine T-Shirt-Größe von XXXL zu XL
  • Die Hosenweite von 36 inch auf 33 inch
  • Viele positive Rückmeldungen in der Familie und auch außerhalb

Mein „gefühltes“ Alter: 5-10 Jahre jünger. Und erstaunlicherweise bin ich auch im Ruhestand angekommen…




Donnerstag, 10. November 2022

Wieso? Weshalb? Warum?


Ein Biografie Blog 

Heute feiere ich meinen 67. Geburtstag. Seit etwa einem Jahr bin ich „In Rente“ und das Leben nach der Arbeit ist einfach weitergegangen. Es ist voller neuer Erlebnisse, Verschiebungen der Perspektiven, Änderungen und auch Weiterführungen. Doch es ist auch ein Zeitraum, in dem man zurück- und auch nach vorne blickt.


„Der Alterungsprozess ist weder gut noch schlecht, sondern schlichtweg eine zu akzeptierende Frechheit.“ (Matthias Kalle gestern in Zeit-Online).

Austausch

Heute trudeln Geburtstagswünsche ein, von Menschen, die es gut mit mir meinen. Und manchmal fehlt mir der der Austausch, das Gespräch, die gegenseitigen Geschichten, die aktuellen Erlebnisse, die Pläne. (Ja, auch mit 67 hat man noch Pläne!). Hier möchte ich eine Plattform als Katalysator schaffen, den Austausch zu initialisieren.

Reflektion

Es geht mir aber nicht nur um den Austausch, sondern auch um persönliche Reflektion des Vergangenen. Mein Freund UweR hat nach Beginn seiner Rentenzeit erstmal aufgeschrieben, was in seinem Leben wichtig war, und ich glaube, es ist ein guter Zeitpunkt, das zu tun. Deshalb wird dieser Blog ein persönlicher Blog. (Ich weiß noch nicht, wie persönlich, da er naturgemäß auch öffentlich ist.)

Es wird kein chronologischer Blog, sondern die unsortierte Erinnerung an Episoden, die ich wichtig finde. Bei meinen Walking Aktivitäten durch die Schönberg Reben, Wiesen und Wälder fallen sie mir oft ein und damit sie nicht so schnell wieder verschwinden, werde ich sie hier aufschreiben. (Auch die Idee dieses Blogs ist dort entstanden.)

Wer daran teilhaben will, kann den Blog abonnieren oder schicke mir eine E-Mail, dann informiere ich Euch, wenn ein neuer Beitrag online ist.

Liebe Grüße
Michael

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